Die Skulptur „Gespaltene Gesellschaft“ thematisiert die komplexe Beziehung zwischen Opfer und Täter, die in einer Linie zueinander angeordnet sind, als wären sie untrennbar miteinander verbunden, aber dennoch durch ihre Geschichte getrennt. Die beiden abstrahierten menschlichen Hälften aus Cortenstahl symbolisieren das Opfer und den Täter, deren Schicksale unweigerlich miteinander verflochten sind.
Zwischen den Figuren befindet sich eine Glasscheibe, auf der die Geschichte der Verfolgung wohnungsloser Menschen unter der NS-Diktatur erläutert wird. Der „Schwarze Winkel“ dient nicht nur als Symbol des Stigmas, sondern auch als Trennlinie, die zugleich verbindet – eine ständige Erinnerung daran, dass das Schicksal des Opfers durch die Hand des Täters geformt wurde.
Beide Figurhälften sind mit Schlagwörtern übersät, die bei Opfer und Täter unterschiedliche Bedeutungen tragen. Bei der Opferfigur erscheinen die herausgelaserten Wörter wie Narben, die das erlittene Leid sichtbar machen und tagsüber Schatten auf den Boden werfen, wodurch die Worte in den Raum projiziert werden und das fortdauernde Erbe dieser Geschichte verdeutlichen. Bei der Täterfigur hingegen symbolisieren dieselben Wörter die Schwere von Verantwortung und Schuld.
Um die Skulptur herum laden Sitzmöglichkeiten dazu ein, innezuhalten, nachzudenken und in den Dialog zu treten. Diese Sitzgelegenheiten schaffen einen Raum, in dem die Besucher die Verbindung und Trennung zwischen Opfer und Täter auf sich wirken lassen können. „Gespaltene Gesellschaft“ ist somit nicht nur ein Gedenkort, sondern auch ein Ort des Nachdenkens und des Austauschs, der die Spuren der Vergangenheit in die Gegenwart trägt.
2024
Wettbewerbsbeitrag (Entwurfsphase)
George & Przemyslaw – ehemaliges Künstlerduo