Kintsugi – die goldene Narbe des Humboldt Forums – zieht sich als leuchtender Riss durch die Fassade. Sie sticht bewusst aus der Perfektion des Sandsteinbarocks hervor und setzt einen sichtbaren Kontrapunkt: Ein Riss, der nicht verborgen, sondern mit Gold hervorgehoben ist. Inspiriert von der japanischen Technik Kintsugi, bei der zerbrochene Keramik mit Gold repariert wird, zeigt die Installation, dass Brüche nicht Schwäche bedeuten, sondern durch Offenlegung und Heilung zu wertvollen Narben werden. Kintsugi verwandelt die Wunde der Vergangenheit in ein starkes Zeichen für Heilung, Wandel und Vielfalt.

Die Kintsugi steht nicht nur für bauliche Brüche, sondern auch für die koloniale Vergangenheit des Humboldt Forums. Die Debatte um Raubkunst wie die Benin-Bronzen zeigt: Historische Wunden liegen offen. Kintsugi verweigert das Verbergen dieser Wunde. Der Riss durchschneidet die prachtvolle Fassade als Mahnmal, dass koloniale Brüche unserer Geschichte bis heute sichtbar bleiben müssen. Die Form der Narbe erinnert an Adern, die Vergangenheit und Gegenwart verbinden, an Baumwurzeln, die Stabilität geben, und an Blitze, die Transformation symbolisieren – ein starkes Zeichen für Offenheit, Vielfalt und kulturellen Austausch.

„Siebenmal hinfallen, achtmal wieder aufstehen.“ (七転び八起き) — Unbekannt

Die „Kintsugi“ wird aus hochwertigem Edelstahl gefertigt und mit einer goldfarbenen PVD-Beschichtung (Physical Vapor Deposition) veredelt. Diese Technik sorgt für eine gleichmäßige, metallische Goldoptik, die UV-beständig, kratzfest und witterungsbeständig ist. Die Installation erfolgt in vier modularen Segmenten, die durch sichtbare Verschraubungen direkt entlang der Narbe an der Fassade befestigt werden. Diese offene Montageweise unterstreicht die Symbolik der Wunde, die bewusst sichtbar bleibt. Die Schrauben wirken wie chirurgische Klammern, die den Riss nicht verbergen, sondern als Teil der Heilung präsentieren. Die dreidimensionale Struktur ragt aus der Fassade heraus und erzeugt ein lebendiges Spiel aus Licht und Schatten, das die Narbe je nach Tageszeit unterschiedlich wirken lässt. Diese bewusste Offenlegung der Brüche macht Kintsugi zu einem kraftvollen Symbol für Offenheit, Heilung und den bewussten Umgang mit der Geschichte, indem sie die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft eindrucksvoll sichtbar macht.

Wie ein leuchtendes Band durchzieht die „Kintsugi“ die Fassade, markiert Brüche, vereint Gegensätze und erzählt die Geschichte eines Ortes, der Verwundungen nicht verbirgt, sondern sie stolz als Teil seiner Identität zeigt.

„Die Wunde ist der Ort, an dem das Licht in dich eintritt.“
— Rumi (Jalal ad-Din Rumi, 13. Jh.)

  • Jahr

    2025

  • Auszeichnung

    Engere Wahl

  • Ausstellung

    Ort: Treppenhalle, 2. OG, Humboldt Forum, Berlin
    Zeitraum: Mittwoch, 25. Juni – Montag, 7. Juli 2025
    Eintritt: kostenfrei